Mehrere Umfragen, unter anderem die des AStA, haben eigentlich ziemlich deutlich gemacht, wovon man vorher auch schon ausgehen konnte: Studieren unter Corona-Bedingungen ist scheiße. Es ist anstrengender, „ungerechter“, belastender und die sogenannten Hilfen des Staates sind albern.
Bundesweit haben knapp 40% der Studierenden ihre Jobs verloren. Die „Überbrückungshilfe“ des BMBF kam viel zu spät, mit maximal 500€ monatlich, die übrigens nur diejenigen bekommen, die bereits weniger als 100€ auf dem Konto haben, geht sie völlig an der Lebensrealität (in der Miete, Krankenversicherung, Semesterbeitrag und Essen nun mal nicht davon gedeckt werden) vorbei und war noch dazu mit einem irrsinnigen Antragsprozess verbunden. [1]
Nun zur Lehre: 84% der Studierenden an der Uni Osnabrück geben in der AStA-Umfrage für das Sommersemester 2020 an, dass ihr Arbeitsaufwand gestiegen ist; 48% sind nicht zufrieden mit dem Semester und laut den Befragten greifen knapp 50% der Lehrenden vornehmlich auf frontale Lehrmethoden zurück. [2] Nun muss man wirklich kein*e linke*r Sozialwissenschaftler*in sein um zu schnallen, dass es dabei insbesondere die Studierenden trifft, welche es ohnehin schon schwerer hatten. Die nun sehr spät durchgewunkene Nicht-Anrechnung ist zwar eine kleine Verbesserung, die nebenbei von vielen, insbesondere linken Studierendenvertretungen nachdrücklich eingefordert wurde, aber sie soll nur für ein Corona-Semester gelten. Dabei kann man schon jetzt davon ausgehen, dass es mindestens drei sein werden, in denen Studieren eben all das ist: anstrengender, „ungerechter“, belastender.
Studierende kosten den Staat aber nun mal Geld und sollen sich möglichst schnell auf dem Arbeitsmarkt als gewinnbringende Arbeitskräfte rentieren. Zu viel und vor allem zu lange (Aus-) Bildung (oder gar eine kritische) helfen dabei nicht. Aber auch die Lehrenden, insbesondere das Heer an prekär Beschäftigten im Wissenschaftsbetrieb, mussten unter verschlechterten Arbeitsbedingungen weiterarbeiten und zum Beispiel ziemlich kurzfristig auf digitale Formate umstellen. Dies bedeutete Mehrarbeit, bezahlt wurde sie aber natürlich nicht. Nun muss man auch wirklich kein*e Prophet*in sein, um zu wissen, dass mit der kommenden Wirtschaftskrise die Kürzungen auch im Bildungssektor nicht ausbleiben werden.
Neben den sozialen Verschlechterungen durch die Corona-Krise bekommt außerdem noch der Traum der zahlreichen Christian-Lindner-Jünger einen immensen Vorschub: die Digitalisierung der Lehre. Was zunächst wie eine Notlösung scheint, könnte der allgemeinen Etablierung der Digitalisierung von Bildung auch nach der Pandemie enorm helfen. Zunächst einmal dürften wohl alle Studierenden die Erfahrung gemacht haben, dass Seminare, Diskussionen und der Austausch im Allgemeinen darunter leiden. Natürlich hat die digitale Lehre dabei aber auch einige Vorteile, wenn sie Studierenden beispielsweise ein flexibleres Studium ermöglicht. Die Vorteile, die sich aus diesen neuen Formaten ergeben, wollen wir grundsätzlich gar nicht in Abrede stellen; wenn Vorlesungen auch aufgezeichnet werden und zum Abruf verfügbar sind, ist das durchaus eine gute Ergänzung und kann das Studium erleichtern. Nun leben wir aber in einer Gesellschaft, in der es am Ende immer um Profit geht, und wie schon beschrieben, sollen am Ende der Uni möglichst profitable Arbeitskräfte stehen. Das heißt, dass auch die Digitalisierung unter diesem Zweck steht, wobei die Studierenden nicht gerade gut wegkommen. Digitalisierung kann auch mehr Kontrolle bedeuten, so lässt sich bspw. Anwesenheit digital deutlich leichter kontrollieren. Die neu gewonnene Flexibilität kann ebenso eine weitere Entgrenzung von Studium und Freizeit bedeuten und mit steigenden Anforderungen einhergehen, wie sich bereits jetzt in der Umfrage vom AStA abzeichnet. Wie in den bisherigen Corona-Semestern teilweise ohnehin schon erkennbar wurde, gelten bspw. Sorgetätigkeiten wie Kindererziehung plötzlich weniger als Grund bei Veranstaltungen zu fehlen oder gar länger zu studieren, schließlich geht ja jetzt beides „prima“ gleichzeitig von zuhause aus. Es bleibt also bei dem, was wir bereits im letzten Wahlkampf geschrieben haben: „Was erstmal nach schöner Abwechslung von Leistung, Leistung, Leistung klingt, bedeutet im Rahmen der gegebenen Verhältnisse das Gegenteil. Die fortgesetzte Aufweichung der Grenzen zwischen Arbeit, Studium und Freizeit geht immer auf Kosten letzterer, wenn noch der Müßiggang in Wert bzw. Leistungspunkte gesetzt werden (noch: können) muss. “ [3]
Um es also nochmal deutlich zu sagen: Wir sind absolut keine Technik-Feinde. Es geht vielmehr darum, dass auch Technik in dieser Gesellschaft entsprechend geformt und dem Zweck der Profitmaximierung unterworfen ist, also in gewisser Weise nicht neutral ist. Software privater Anbieter*innen wird eingesetzt, obwohl es – auch an unserer Uni – bereits ein breites und funktionierendes Spektrum an nicht-proprietären Medien und Werkzeugen gibt. Außerdem: Dass nahezu alle Menschen, wir natürlich auch, heutzutage permanent über’s Smartphone erreichbar sind, hat in erster Linie nicht etwa zum Ergebnis, dass man dem*der Chef*in spontaner und flexibler absagen kann; es hat vielmehr zur Folge, ständig und überall für den*die Chef*in erreichbar zu sein und immer wieder kurzfristig einspringen zu müssen – Pflegekräfte können davon ein Lied singen.
Was hat das alles mit den StuRa-Wahlen zu tun?
Das Ganze hat insofern etwas mit den StuRa-Wahlen zu tun, als dass es maßgeblich darauf ankommt, wie stark eine Liste im StuRa vertreten ist, die grundsätzlich Entwicklungen an der Uni und in der Lehre kritisch in gesellschaftliche Entwicklungen einbettet – auch in Zeiten von Corona. Es ist von Belang, wie stark eine Liste vertreten ist, die grundsätzlich parteiisch auf Seiten der Studierenden steht, dabei allerdings nicht das Ausspielen von Lehrenden und Studierenden gegeneinander mitträgt. Aktuell zeigt sich einmal mehr, dass Lehrende und Studierende ein gemeinsames Interesse haben: bessere Studien- und bessere Arbeitsbedingungen sowie höhere Löhne stehen nämlich nicht im Widerspruch zueinander.
Oder konkret: Im StuRa braucht es Menschen, die der Digitalisierung der Lehre mit ihren Folgen kritisch gegenüber stehen und sich dafür einsetzen, dass Proteste und im besten Falle Streiks organisiert werden, die gerade in Anbetracht der zu erwartenden Kürzungen im Bildungs- und Wissenschaftssektor perspektivisch notwendig sein werden. Schlussendlich hängt davon auch ab, ob es einen kritischen AStA gibt, denn dieser wird wiederum durch den StuRa gewählt. Ob es also einen AStA gibt, der bspw. entsprechende Umfragen und Protest organisiert, auf Seite der Studierenden steht, sich klar politisch äußert [4] und zusätzlich noch den üblichen Service managt, oder ob es einen reinen „Service“-AStA gibt, der zwar Bullis verleihen kann, aber an politischen Kräfteverhältnissen nichts ändern kann und will, hängt mit davon ab, wem ihr bei dieser StuRa-Wahl eure Stimme gebt.
Deshalb: vom 12. bis zum 14. Januar im Schloss und vom 19. bis zum 21. Januar in der Mensa am Westerberg die Kleinen Strolche wählen!
Bis zum 05.01. könnt ihr auch noch ganz einfach Briefwahl beantragen: https://www.asta.uni-osnabrueck.de/WahlenStuRaFSR2021
[1] https://www.fzs.de/2020/07/02/nothilfe-beantragung-ist-intransparent-ethisch-fragwuerdig-und-technisch-katastrophal-umgesetzt/
[2] https://www.asta.uni-osnabrueck.de/news/2020-14/umfrage-zur-allgemeinen-situation-der-studentinnen-der-universitaet-osnabrueck-waehrend
[3] https://kleinestrolche.wordpress.com/2020/01/16/this-is-what-democracy-looks-like/
[4] https://www.asta.uni-osnabrueck.de/news/2020-13/politisches-mandat-asta-bleib-bei-deinen-leisten