Wahlkampf, wie schön.
Und die Liberale Hochschulgruppe (und auch die Junge Union, zu der aber nur kurz am Schluss) ist auch schon gut dabei. Immerhin hat sie für ihre Themen, die wie üblich aus dem muffigen Fundus liberaler Hochschulpolitik gegriffen sind, diesmal lokale Anlässe gefunden (z.B. die hübschen Ersti-Beutel des AStA).
Ganz vorne steht dabei die Forderung nach „ideologiefreier“ Hochschulpolitik. Was Ideologie dann tatsächlich sein soll, weiß die LHG jedoch vermutlich selber nicht. Im Zweifelsfall trifft diese Bezeichnung aber erfahrungsgemäß alles, was sich nicht einfach dem mal stummen, mal offen gewalttätigen Zwang der bestehenden Gesellschaft unterordnen will.
Die Affirmation dieses Zwangs tritt weiter hervor, wenn „interne Streitigkeiten“ und „ideologische Grabenkämpfe“, also politische Uneinigkeiten und Konflikte, das Wesen pluralistischer Politikprozesse, abgelehnt werden. Alternativen zur ewigen Hetzerei für den Standort (ob Uni, Stadt oder Staat ist dabei je nach Situation austauschbar) sollen gar nicht erst diskutiert werden. Wofür ein Studierendenrat (und die von der LHG selber idealisierte parlamentarische Demokratie als solche) in diesem Fall noch gut sein soll, erschließt sich dann nicht so richtig, ließen sich die übrigen Funktionen doch ebenso durch eine bloße „technokratische“ Verwaltung des Elends ersetzen. Dass der eigene Wunsch nach offenbar unhinterfragter Akzeptanz der Totalität der kapitalistischen Gesellschaft (und etwas anderes ist die Abwesenheit grundsätzlicher Kritik an dieser Gesellschaft nicht, denn es gibt ihr gegenüber keine „Neutralität“) nicht als Ideologie erkannt wird, überrascht dabei nicht. Allzu starke Abweichungen von den als absolut gesetzten Punkten „bürgerlicher Staat“ und „Kapital“ werden von Liberalen und Konservativen (nicht nur von ihnen, das zieht sich bis tief in die Grünen und die Sozialdemokratie) ohne Unterscheidungen als „extremistisch“ diffamiert. Die Ablehnung der Herrschaft von Menschen über Menschen (ob über staatliche oder personale Gewalt oder die exklusive Verfügung über Produktionsmittel herbeigeführt) zur gleichrangigen Gefahr wie die Befürwortung industriellen Massenmords.
Nur von dieser Position der Ausschaltung gesellschaftlicher Konflikte aus ergibt die implizite Forderung der LHG Sinn, dass gewählte Vertreter*innen der Studierendenschaft alle Student*innen glücklich machen müssten. Nicht einmal der Einsatz gegen Studiengebühren, gegen Leistungszwang und für die eben notwendige ausreichende Studienfinanzierung schafft diese „allumfassende Interessenvertretung“, da die Studierendenschaft nun einmal aus Individuen mit individuell verschiedenen Hintergründen, Vorstellungen und Präferenzen besteht. Das praktische und theoretische Engagement gegen faschistische, nationalistische, antifeministische und islamistische Gruppierungen macht sicher einige Student*innen unglücklich, ist aber dennoch richtig. Derartige Positionen sind nämlich nicht beliebig, sondern als menschenverachtend zu bekämpfen.
In ihrem Kampf für die universelle Interessenvertretung stört es dann auch nicht weiter, dass die LHG offenbar nicht so wirklich weiß, wer hier in der Hochschulpolitik eigentlich was macht. So ist der Wunsch nach anderen Veranstaltungsreihen als den Kritischen Erstiwochen (für die Jugend-FDP vermutlich zu feministisch, antifaschistisch und linksextremistisch, also eine sehr nice Sache) im StuRa-Wahlkampf irgendwie fehl am Platz. Schließlich hindert kein Mensch die Liberalen daran, selber (gerne auch viel) Arbeit einzusetzen um eine Veranstaltungsreihe auf die Beine zu stelle, wie wir Kleinen Strolche (auch als Hochschulgruppe) das seit Jahren erfolgreich machen. Und zwar ohne dass gewählte Studierendenvertreter*innen wie der StuRa irgendetwas damit zu tun hätten. Aber vermutlich ist genau das das Problem der LHG: dass sie selber etwas machen müsste, anstatt anderen Leute zu sagen, was sie zu tun haben.
Die ewige Forderung nach Markentextverarbeitungsprogrammen, die wiederholt aus guten Gründen abgelehnt worden ist (Tipp: das kostet eine ganze Menge Geld), ohne dass die LHG das so wirklich verstanden hätte, darf natürlich auch nicht fehlen.
Beinahe ermutigend ist schließlich der Versuch, den StuRa und somit Hochschulpolitik weniger irrelevant zu machen. Eventuell fängt die Liberale Hochschulgruppe damit ja bei ihrer eigenen Fraktion an, die seit dem letzten Versuch des Verkaufs von teurer Software an die Universität über die bloße körperliche Anwesenheit bei StuRa-Sitzungen hinaus nicht mehr an studentischer Hochschulpolitik teilgenommen hat. Aber vielleicht ist es auch einfach Ausfluss der Geringschätzung politischer Auseinandersetzung (s.o.), wenn als Probleme wahrgenommene Tätigkeiten der studentischen Selbstverwaltung nicht im Rahmen der studentischen Selbstverwaltung, sondern lediglich über Pressemitteilungen behandelt werden (im Fall der oben schon angesprochen hübschen Ersti-Beutel des AStA, die im u.a. dafür existierenden StuRa nicht als diskussionswürdig erachtet wurden).
Immerhin scheint der ganze Murks dafür zu reichen, von den Kandidat*innen der JU nahezu wortwörtlich kopiert zu werden. Auch dort werden offensichtlich wenige Gedanken an die studentische Selbstverwaltung verschwendet, solange nur ein zweiter Versuch für das juristische Staatsexamen rumkommt.
Für explizit linke, explizit antifaschistische, explizit feministische, explizit antikapitalistische Politik an der Universität Osnabrück: vom 15. bis zum 17. Januar in der Schlossmensa und am 22./23. Januar in der Westerbergmensa die Kleinen Strolche wählen.